Das Sollmuss entsteht aus infantiler Wollerei. Es verursacht Gemütsjucken und Seelenzwicken.

Für gewöhnlich gibt es die beiden Modalverben nur in Reinform. Also entweder 'sollen' – oder 'müssen'.
Das Sollmuss bildet sich immer dann, wenn jemand etwas ganz arg will – nicht genug Macht besitzt, es zu bestimmen – aber jemand kennt, der das kann.

Erstmals bemächtigt sich das Sollmuss seiner Opfer im Kindesalter.
Dann läuft man als Knirps, der ganz doll will, dass ein anderes Kind etwas müssen muss, zu jemandem, der das bestimmen soll. Der soll dem Müssenmüsser dann Bescheid sagen. Ihn zurechtweisen. Ihm Befehl erteilen. Und das Müssen wunschgemäß Wirklichkeit werden lassen.

Es funktioniert auf die immergleiche Art und Weise:

Der Bruno, der hat vier Spielzeugautos – und ich nur eines. Ich laufe zu einem Großmenschen. Einem Bestimmer. Der soll dem Bruno sagen, dass er mir ein Auto abgeben muss. Mindestens eines. Besser zwei.
Ich will ...
Der soll ...
Der muss ...
Ich kriege ...

Mit zunehmendem Alter und sozialer Reife werden Menschen immun, gegen das Sollmuss. Weil sie lernen miteinander zu reden. Nachdenken. Kompromisse finden können. Und ihre Welt als eine gemeinsame Welt verstehen. Die Müsser. Die Soller. Die Woller. Und die Krieger.

Funktioniert aber nicht immer, das mit dem sozialen Reifeprozess und so.
Deshalb hat das Sollmuss auch bei älteren und scheinbar gereiften Exemplaren immer wieder mal eine Chance.
Ich will ...
Der soll ...
Der muss ...
Ich kriege ...

 

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