In unserer Gesellschaft gelten Zeitjäger als aktiv und dynamisch, mitunter sogar als erfolgreich. Obwohl es doch kaum Dümmeres gibt, als Zeit zu jagen. Sie zu leben, das wäre klug.

Es sind Menschen mit notorischer Zeitnot, die gerne dem Glauben verfallen, dass man Zeit jagen könne. Vielleicht, weil ihnen die Hatz angenehmer oder erträglicher erscheint, als der Zeit zuzusehen, wie sie ihnen einfach davonläuft.

Wer wissen möchte, wie man Zeit jagt, der kann dies am nächsten Großstadt-Bahnhof oder auf der Autobahn beobachten.

Die Zeitjäger am Bahnhof sind für gewöhnlich ordentlich bepackt. Unter Verlust ihrer Würde, die dem aufrecht gehenden Menschen angemessen erscheint, jagen sie dort im Menschengallopp ihrer Zeit hinterher. Gesteigerte Körperausdünstungen, panisch anmutende Grimassen und das Absondern seltsamer Gurgellaute sind dabei ein lustiges Beiwerk. Es ist ein gar lächerliches Schauspiel.

Die Zeitjäger, die die Autobahn zu ihrem Jagdgebiet auserkoren haben, behalten ihre Würde. Weil man die hässlichen Flüche nicht hören kann, die sie im Jagdfieberwahn ausstoßen. Allerdings verunfallen sie zuweilen und bezahlen dann einen verhältnismäßig hohen Preis. Manchmal kosten ein paar Augenblicke Zeit gleich ein ganzes Menschenleben – oder auch zwei. Doch das scheint es ihnen wert zu sein.

 

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