Ein Wurm, nicht groß, eher klein,
der war es leid, ein Wurm zu sein.
Nur ein Wurm, unten im Dreck,
den andre nicht mal seh'n,
weil sie auf ihm steh'n.

Der Wurm, wir nennen ihn mal Karl,
hat einen Schuss – eins an der Klatsche,
hat psychisch einen echten Knall.
Er ist Emo. Er ist depressiv.
Und er vergräbt sich metertief.

Was Menschen von gehobnem Stand,
Politiker in unsrem Land,
nicht im Geringsten jucken würde,
ist dem Würmchen eine Bürde.
Weil ihm ein solches nicht gegeben,
muss er ohne Rückgrat leben.

Dazu plagt Karl ein Essproblem.
Denn was er futtert, ihn ernährt,
untergräbt den Wurmselbstwert.
Du bist was du isst, sagen die andern da oben,
und so ein Wurm, wie ich, der frisst doch nur Abfall,
modriges Zeug, also Mist.

Auch ob der Farbe seiner Haut, ist er keinesfalls erbaut.
Denn er ist rosa.
Ein zartes Rosa, nicht sehr cool – selbst für 'nen Wurmmann ziemlich schwul.

Und dann der Sex.
Nicht, dass Karlchen keinen hätte, er ist ja Zwitter.
Doch ohne Lust und nur zum Zwecke,
so 'ne öde Selbstbefruchtung,
das ist auch für Würmchen bitter.

Dann wär da noch die Körperform.
Keine Arme. Keine Beine. Das ist hässlich und abnorm,
denkt sich der kleine – Kriecher.
Insekten, Vögel, Menschen, Viecher,
haben Maßen, Glied um Glied,
und ich nicht mal 'nen Schniedel,
was ein jeder sieht.

Du schaust doch ganz passabel aus,
meint Adelheid, die Feldspitzmaus.
Gerade wie ein Sexsymbol,
wie ein Phallus, denkt sie wohl.
Doch Karl wie immer mit Gewimmer.
Ja, wie ein Phallus – aber doch nur wie ein ganz kleiner, wie ein ganz dünner.

So kann ich nicht vors Wurmloch geh'n. Ich seh doch aus scheiße aus. Ich bin das Gegenteil von schön. Was denken nur die andern, wenn sie mich so sehn.
Schaut da, das rosa Glibberding. Das ist an beiden Enden rund. Wo ist denn vorne? Wo ist hinten? Wo sind die Augen? Wo der Mund? Wo ist der Po? Wo das Gesicht?
Nein, Karl der Wurm gefällt sich nicht.
Karl der Wurm hat Werte – grundverkehrte. Die offensichtlich gar nicht passen, wohl auf Menschenmassen, aber nicht auf ihn. Und der Metapher Sinn? Klar, da ist der Wurm drin.

Der Wurm.

Er klagt und jammert, was er kann,
derweil schleicht sich 'ne Amsel an,
die ihn aus seinem Wurmloch pickt,
was den Karl erheblich zwickt.

Ihn in Stückchen zu zerreißen,
und genüsslich zu verspeisen,
so ist der Amsel Nahrungsplan,
sie frisst halt, was sie kriegen kann.

Der Karl, inzwischen dreigeteilt,
ein Teil im Amselmagen weilt,
das zweite hängt am Amselschnabel,
das ist der Amsel ihre Gabel.

Doch noch bevor sie dies verschlingt,
Karls Hinterteil die Flucht gelingt.
Weil Karles Rest geschickt sich windet,
in seinem Erdloch es verschwindet.

Karl schafft's, wo andre sterben täten,
sich seinen Würmerarsch zu retten.
Drum ist das Erdreich niemals stumm,
denn da sitzt Karl und jammert rum.

 

 

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