Da hat es jemand gewagt und mich gefragt wer ich bin. Wie soll ich das wissen? Ich müsste mal drüber sinnieren. Mir die Zeit dazu nehmen. Das Denken über das eigene Sein ausprobieren.


Denken und Sein. Da kommt mir der Descarte in den Sinn. Dieses  'cogito ergo sum'.
Ich denke, also bin ich.
Ich denk ich bin.
Ich bin ich denk - ihr merkt es schon, es sind die Gedanken, die unseren Unsinn lenken.
Doch die Frage ist, wie das Ganze funktioniert. Ob der denkende Mensch seine eigene Denke kapiert?
Und so mach ich mich auf die Suche nach dem eigenen Sein. Ein Blick in mich rein. Tief in des Hirnes Gewinde. Ganz der Gefahr gewahr, dass ich da vielleicht gar nichts Vernünftiges finde.

Das ist ein schwieriges Unterfangen.
Zum einen kann man sich in seinem Kopf schnell verlaufen. Das Hirn hat ja so viele Schlaufen.
Zum andern gibt es nur eines, vor dem wir wirklich erschrecken, wenn es ein Schlechtes ist. Das ist das eigene Ich. Wenn wir das wahre entdecken.
Es ist der Hammer, was wir alles sind und was alles nicht. Vor allem das Nicht kommt ja so selten ans Tageslicht.

Da oben, da wohnt ein Doof und ein Klug. Ein Stolz, ein Beleidigt, ein Groß, ein Klein, ein Ehrlich und ein Selbstbetrug. Ein Abgrund-, ein Nega-, ein Positiv, ein Hasenfuß, ein Übermut, ein Falsch, ein Richtig, ein Oberwichtig, ein Zweifel, eine Entscheidung, eine Intervention, ein Wer-weiß-das-schon .. und alle sind sie mein.
Die Summe dessen, was da oben ist, das ist das, was du wirklich bist.
Du bist deine Absicht, dein Tun, deine Haltung.
Du bis der Ausdruck in deinem Gesicht.
Du bist was du liebst und mit Freude betrachtest.
Du bist das, was dich bewegt – und auch was du verachtest.
Du bist nicht was du hast. Du bist nicht dein Auto. Sondern das, was du fühlst und denkst, wenn du es besitzt und durch die Straßen lenkst.
Auch wenn man die Größe eines Menschen mit Längenmaß misst, so bestimmt doch dein Kopf wie groß du bist.
Deine maximale Größe hast du dann erreicht, wenn du weißt wie Menschen ticken, und wenn du ihnen gegenübertreten kannst, ohne zu ihnen empor – oder auf sie herab-zu-blicken.

Wer ich bin war die Frage.
Ich bin nicht nur einer. Ich bin ganz Viele. Da oben im Kopf, da gibt es echte Wir-Gefühle.
Ich bin ein Vernunft und ein Unvernunft. Eine Freude und eine Enttäuschung. Ein Glück und ein Trotz. Ich bin Hunderte, und alle finden da oben Unterkunft. Ich bin so viele, dass ich sie nicht aufzählen kann. Mache sind liebenswert und manche gemein, aber das schöne ist, ich hab nun Gewissheit: ich bin nie allein.

Eine mag ich besonders. Die hat hier oben ihr eigenes Stübchen mit Kombüse und da lebt sie und kocht ihr Süppchen. Es ist meine Geliebte, Ana Lyse.
Sie hat einen recht trockenen Charme. Gilt als extrem gefühlsarm. Liegen die anderen sich echauffiert in der Wolle, dann behält alleine sie die Kontrolle. Und eines rechne ich ihr hoch an. Sie vergreift sich nie an der Leidenschaft oder der Spontanität, weil sie weiß, dass ein Leben in rationeller Kontinuität im krassen Gegensatz zur Lebensfreude steht.
Einen kleinen Stinkstiefel sollte ich noch erwähnen, auch wenn ich nicht stolz bin ihn dabei zu haben. Er stört beharrlich die denkenden Kreise und was er von sich gibt ist verlässlich Scheiße. Wir nennen ihn den Schwanzlängenvergleicher. Er ist unverschämt vorlaut, schmeißt sich Pose und grölt dann den immergleichen Satz: "Hey, wer hat hier das größte Ding in der Hose."
Wenn es nach ihm ginge, dann müsste ich Menschen verachten, Busen grabschen, ein iPhone besitzen und stetig nach Beachtung trachten. Doch bei seinem Versuch als wichtig zu gelten, hat er bei uns da oben nicht viel zu melden.

Wer ich bin? Was für eine Frage.
Das fragt man mich nicht alle Tage.
Auch wenn im Denken noch so tüchtig,
es kennt der Mensch sich selbst nur flüchtig.

Bin Vater, Sohn und Ehemann,
für viele das, was ich gut kann,
für andere das, was ich viel habe,
jemand zu sein ist keine Gabe.

Bin Ein- und Ausdruck und auch Schein,
diesem zu groß und dem zu klein,
mal bin ich das, was ich laut sage,
mal was ich nicht zu sagen wage.

Ich bin aus tausend andren Augen,
das was jene von mir glauben,
ich bin was Menschen in mir sehen,
und auch was sie nicht verstehen.

Ich bin was viele mich mal können,
ich bin das, wie sie mich nennen,
bin dumm und klug und oberpeinlich,
und manchmal bin ich richtig kleinlich.

Und jetzt fragt der, wer ich denn sei,
im Grunde ist es einerlei,
und was denk ich so beflissen,
der wollt nur meinen Namen wissen.

 

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